- 2 months ago
Schutz gegen unlautere Handelspraktiken
Der EuGH hat im Oktober 2014 (Az. C-348/13) entschieden, dass das Einbinden eines Youtube-Videos auf einer anderen Webseite grundsätzlich keine Urheberrechtsverletzung darstellt. Ebenso verhält sich das mit RSS Feeds, da diese ebenfalls bereits öffentlich zur Verfügung gestellt wurden und lediglich auf den Originalinhalt verlinken. Siehe hier: https://www.youtube.com/watch?v=um1Vil_mmnk
Gesetzliche Regeln stärken die Verhandlungsposition von Landwirten gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel
Die Bezahlung für die ausgelieferten 30 Paletten Salatköpfe lässt auf sich warten, der Auftrag, weitere 20 Paletten anzuliefern, wird über Nacht storniert. Unlautere Handelspraktiken wie diese sind nicht zulässig.
In ihrer Rolle als kleinere Marktteilnehmer haben Landwirte eine geringere Verhandlungsmacht als die Unternehmen der vielfach hochkonzentrierten Stufen der Verarbeitung und des Lebensmitteleinzelhandels. Alternative Absatzwege sind meist nicht gegeben, auch aufgrund der schnellen Verderblichkeit vieler landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Durch das Marktungleichgewicht in der Lebensmittelkette zu Ungunsten der Landwirte hatten sich in der Vergangenheit Praktiken etabliert, die Erzeuger benachteiligen.
Das Gesetz zur Stärkung der Organisationen und Lieferketten im Agrarbereich (Agrar-Organisationen-und-Lieferketten-Gesetz – kurz: AgrarOLkG) verbietet unlautere Handelspraktiken und sorgt so für mehr Fairness bei den Geschäftsbeziehungen in der Lebensmittellieferkette. Das Gesetz ist am 9. Juni 2021 in Kraft getreten. Am 8. Juni 2022 lief die einjährige Übergangsfrist zur Anpassung von Altverträgen an die neuen Regelungen ab. Einzelne Vorschriften des AgrarOLkG werden in der Verordnung zur Stärkung der Organisationen und Lieferketten im Agrarbereich (Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Verordnung – kurz: AgrarOLkV) präzisiert.
Welche Praktiken sind verboten?
Das Gesetz zur Stärkung der Organisationen und Lieferketten im Agrarbereich sieht ein Verbot der schädlichsten unlauteren Handelspraktiken in der Lebensmittelkette vor. Es enthält generelle Verbote für bestimmte unlautere Handelspraktiken. Diese Praktiken gehören zur so genannten "schwarzen Liste".
Diese Praktiken sind generell verboten:
-
Kaufpreiszahlungen
- für verderbliche Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse später als 30 Tage nach der Lieferung oder – wenn die Erzeugnisse regelmäßig geliefert werden – nach Ablauf des vereinbarten Lieferzeitraums oder später als 30 Tage nach dem Tag der Festlegung des zu zahlenden Betrags und
- bei anderen als verderblichen Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen später als 60 Tage nach der Lieferung oder – wenn die Erzeugnisse regelmäßig geliefert werden – nach Ablauf des vereinbarten Lieferzeitraums oder später als 60 Tage nach dem Tag der Festlegung des zu zahlenden Betrags;
- Zurückschicken unverkaufter Erzeugnisse vom Käufer an den Lieferanten ohne Zahlung des Kaufpreises und, soweit die Erzeugnisse nicht mehr verwendbar sind, der Beseitigungskosten;
- kurzfristige Stornierung von Bestellungen verderblicher Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse durch den Käufer;
- Abwälzung der Lagerkosten des Käufers auf den Lieferanten;
- einseitige Änderung der Bedingungen einer Lieferung in Bezug auf Häufigkeit, Art und Weise, Ort, Zeitpunkt oder Umfang der Lieferung, der Qualitätsstandards, der Zahlungsbedingungen oder der Preise oder bestimmter Dienstleistungen durch den Käufer;
- Zahlungsverlangen des Käufers für Qualitätsminderung oder vollständige Qualitätseinbuße von Erzeugnissen nach Übergabe der Lieferung an den Käufer; oder für die Bearbeitung von Kundenbeschwerden im Zusammenhang mit den Erzeugnissen des Lieferanten; ohne dass ein Verschulden des Lieferanten vorliegt;
- Forderung von Zahlungen, die nicht im Zusammenhang mit dem Verkauf von Erzeugnissen des Lieferanten stehen;
- Zahlungsverlangen des Käufers für die Listung markteingeführter Produkte;
- Drohung des Käufers mit Vergeltungsmaßnahmen geschäftlicher Art oder deren Anwendung, wenn der Lieferant von seinem vertraglichen oder gesetzlichen Rechten Gebrauch macht oder seine gesetzlichen Pflichten erfüllt;
- Weigerung des Käufers, eine geschlossene Liefervereinbarung oder bestimmte Zahlungen- und Kostenschätzungen auf Verlangen des Lieferanten in Textform zu bestätigen;
- Rechtswidrige Erlangung, Nutzung oder Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen des Lieferanten durch den Käufer;
Andere Handelspraktiken sind nur dann noch erlaubt, wenn sie vorher klar und eindeutig zwischen den Vertragsparteien vereinbart wurden. Diese Praktiken sind in der so genannten "grauen Liste" wie folgt festgelegt:
- Zahlungsverlangen des Käufers für die Listung der Erzeugnisse bei deren Markteinführung,
- Zahlungsverlangen des Käufers für die Vermarktung der gelieferten Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen, einschließlich Verkaufsangeboten, der Werbung, Preisnachlässen im Rahmen von Verkaufsaktionen und der Bereitstellung auf dem Markt;
- Zahlungsverlangen des Käufers für das Einrichten der Verkaufsräumlichkeiten.
Wer wird geschützt?
Die Regeln schützen alle Unternehmen der Lebensmittelerzeugung und -verarbeitung bis zu einem Jahresumsatz von 350 Millionen Euro gegenüber jeweils größeren Unternehmen der Lebensmittelverarbeitung beziehungsweise des Lebensmittelhandels.
Zudem werden Lieferanten von Milch- und Fleischprodukten sowie von Obst-, Gemüse- und Gartenbauprodukten einschließlich Kartoffeln geschützt, die einen Jahresumsatz im jeweiligen Verkaufssegment in Deutschland von höchstens vier Milliarden Euro haben. Allerdings darf ihr gesamter Jahresumsatz nicht mehr als 20 Prozent des Jahresumsatzes des Käufers betragen. So werden auch größere erzeugergetragene Unternehmen aus den genannten Sektoren in den Anwendungsbereich einbezogen. Diese Ausdehnung des Schutzes ist zunächst befristet bis zum 1. Mai 2025.
Durch den Schutz sowohl der Erzeuger als auch größerer Lieferanten wird vermieden, dass über unlautere Handelspraktiken an anderen Stellen der Kette ein zu starker Druck auf Landwirte ausgeübt wird.
Lieferanten, die von unlauteren Handelspraktiken betroffen sind, können eine Beschwerde bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung ( BLE ) erheben. Sie agiert als Durchsetzungsbehörde für die Regelungen und kann auch von Amts wegen Untersuchungen einleiten. Entscheidungen über Verstöße gegen die Verbote trifft die BLE im Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt. Es können Geldbußen bis zu 750 000 Euro verhängt werden.
EU -weiter Schutz
Das Gesetz zur Stärkung der Organisationen und Lieferketten im Agrarbereich dient der Umsetzung der so genannten UTP-Richtlinie. Die Richtlinie 2019/633 über unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette - kurz: UTP-Richtlinie - wurde im April 2019 vom Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union erlassen.
Mit der Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten in nationales Recht gilt erstmals EU -weit ein einheitlicher Mindestschutzstandard und Erzeuger landwirtschaftlicher Produkte werden gestärkt.
Deutschland geht bei der Richtlinienumsetzung punktuell über den EU -weiten Mindestschutz hinaus. Das Gesetz zur Stärkung der Organisationen und Lieferketten im Agrarbereich verbietet drei weitere Praktiken, die nach der UTP-Richtlinie als Teil der so genannten grauen Liste bei vorangehender klarer und eindeutiger Vereinbarung zulässig wären. Verboten wird zum einen die Rückgabe unverkaufter Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse vom Käufer an den Lieferanten ohne Zahlung des Kaufpreises. Verboten wird außerdem, Listungskosten für markteingeführte Produkte und Lagerkosten des Käufers auf den Lieferanten abzuwälzen. Eine einseitige Risikoverteilung zulasten der Erzeuger ist nicht mehr möglich.
Auch mit der befristeten Ausdehnung des Kreises der geschützten Lieferanten geht Deutschland über die Mindestvorgabe der UTP-Richtlinie hinaus. Während nach der Richtlinie Lieferanten mit einem Jahresumsatz bis 350 Millionen Euro geschützt werden müssen, werden in Deutschland für bestimmte Sektoren bis zum 1. Mai 2025 Lieferanten bis zu einem Jahresumsatz von höchstens vier Milliarden Euro in den Schutz einbezogen.
Erschienen am 13. Jan 2023 im Format Artikel
Pressemitteilung zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Unlautere Handelspraktiken in der Land- und Ernährungswirtschaft im Fokus (Thema:Agrarmärkte)
Um landwirtschaftlichen Erzeugerinnen und Erzeugern in den Handelsbeziehungen mit umsatzstarken Unternehmen den Rücken zu stärken und für mehr Fairness in der Lebensmittellieferkette zu sorgen, wurden im Juni 2021 durch das Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz (AgrarOLkG) zahlreiche unfaire Handelspraktiken verboten, die zuvor gerade kleinere Betriebe klar benachteiligt haben.
Mehr
Schutz gegen unlautere Handelspraktiken (Thema:Agrarmärkte)
Die Bezahlung für die ausgelieferten 30 Paletten Salatköpfe lässt auf sich warten, der Auftrag, weitere 20 Paletten anzuliefern, wird über Nacht storniert. Unlautere Handelspraktiken wie diese sind nicht zulässig.
Mehr
German Food Bridge für Lebensmittelhilfen der Ernährungswirtschaft in die Ukraine (Thema:Internationales)
Die German Food Bridge unterstützt Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels und der Ernährungswirtschaft sowie weitere Organisationen, die einen Beitrag zur Versorgung der Menschen in der Ukraine mit Lebensmittelhilfen leisten möchten. Die German Food Bridge ist eingebettet in Maßnahmen des bilateralen Kooperationsprojektes Agritrade Ukraine des BMEL.
Mehr